Schnupperflug mit der Cessna 152

Im Vergleich zu den wackligen Flügeltüren der Remos hat die Einstiegstür der Cessna Tresorformat. Mit einem satten „plopp“ fällt sie ins Schloss. Die Tür hat eine Armlehne, ein solides Klappfenster hilft gegen Atemnot und der Pilot darf in alter Manta-Fahrer-Tradition den Ellenbogen raushängen lassen. Dafür ist  die Türverkleidung eingerissen und nicht unbedingt vertrauenserweckend.

Das seltsam vertraut wirkende Instrumentenbrett beherbergt ein traditionelles „Sixpack“. Damit ist keineswegs eine Halterung für Bierflaschen, Coladosen oder gar Bauchmuskelm gemeint, sondern eine Sammlung sechs wesentlicher Fluginstrumente. Wie ein Sixpack sind diese in zwei Reihen angeordnet: oben links ist der Fahrtmesser, der die Geschwindigkeit in Knoten anzeigt. Wie der Drehzahlmesser im Auto hat er farbige Markierungen, nur dass diese nicht rot, sondern grün und gelb sind. Grün markiert den sicheren Geschwindigkeitsbereich, gelb den Vorsichtsbereich, den man nur bei ruhigem Wetter nutzen sollte. Die maximal zulässige Geschwindigkeit ist mit einem roten Strich markiert, während ein zusätzlicher weißer Bereich definiert, wann die Klappen ausgefahren werden dürfen.

In der Mitte befindet sich der künstliche Horizont. Die obere Hälfte ist in Blau gehalten und repräsentiert den Himmel, während die untere in Braun gehalten für den Boden steht – wobei, im Moment gerade nicht, er hängt vielmehr ein wenig schief in seinem Gehäuse.  Rechts daneben behauptet sich der Höhenmesser an seinem angestammten Platz. Er sieht aus wie eine Uhr, die statt 12 Stunden nur 10 Stunden auf dem Ziffernblatt zeigt. Der große Zeiger zeigt die Tausender, der kleine die Hunderter, immer in Fuß. Mit einem kleinen Rad kann man den Luftdruck einstellen, der gerade am Platz vorherrscht.

Eine richtige Uhr ist natürlich auch installiert, ist aber kein Bestandteil des Sixpacks und außerdem stehen geblieben, was bedeutet, dass sie nur zweimal am Tag die richtige Zeit anzeigt. In der unteren Leiste gibt es den Wendeanzeiger, einen Kreiselkompass und ein Variometer. Über den Wendeanzeiger weiß ich nicht viel, der Kompass ist – nun ja – ein Kompass, während das Variometer die Steig- oder Sinkrate anzeigt.

Diese sechs Instrumente sind in quasi jedem Flugzeug mit analogen Instrumenten gleich angeordnet. Zumindest gilt das für solche Flugzeuge, die nach 1975 gebaut worden sind. Ältere Flugzeuge haben zwar oft die gleichen Instrumente, allerdings sind sie so wirr angeordnet, als hätte Pablo Picasso persönlich das Interieur eingerichtet.

Rechts neben diesem Sixpack haben eine VOR Anzeige und ein automatischer Richtungsfinder ihren Platz. Beide sind für die  Funknavigation zuständig.

Neben diesen Flug- und Navigationsinstrumenten gibt es noch unzählige weitere Knöpfe, Schalter und Anzeigen. Sie alle sind im typisch amerikanischen Stil der späten 70er Jahre gehalten und erinnern spontan an Serien wie Denver oder Dallas. Selbst eine Leiste mit Wurzelholzimitat am unteren Ende des Armaturenbretts darf da nicht fehlen. Im Gegensatz zur Remos, die mit Steuerknüppeln ausgestattet war, verfügt die Cessna über zwei Steuerhörner, die man nach vorne und nach hinten schieben und zur Seite drehen kann. Sie sind nicht ganz leichtgängig, aber dafür angenehm präzise. Angenehm finde ich es, dass hinten ein riesiges Fenster eingebaut ist und man einen guten Rundumblick genießt. Direkt nach vorne könnte die Übersicht besser sein, in der Remos konnte man deutlich mehr sehen.

Preflight-Check

Genug geschaut, Mr. B. ist wieder da. Er hat ein kleines Behältnis dabei, das spontan wie ein Wodkaglas mit einer Nadel aussieht. Es ist dafür da, um die Tanks zu „drainen“. In der Welt der Simulatoren, in der immer ideale Bedingungen herrschen, existiert dieser Pre-Flight Check natürlich nicht. In der Realität ist er jedoch wichtig: es kann nämlich passieren, dass sich in den Tanks Wasser absetzt, und weil Wasser schwerer ist als Öl, sammelt es sich am Boden der Tanks. Mit Wasser und Flugzeugmotoren verhält es sich ähnlich wie mit Computertastaturen und Kaffee: beide vertragen sich nicht besonders gut.

Es gibt an jeder Tragfläche einen kleinen Auslass, in den man mit der Nadel besagten Wodkaglases hinein piekst. Ein wenig durchsichtiges Benzin strömt hinein. Wäre Wasser im Tank, würden sich Blasen in dem Gefäß bilden. Obwohl das nicht der Fall ist, wird der Sprit nicht zurück in den Tank gekippt, sondern in einem speziellen Behälter gesammelt. Unter dem Motor gibt es noch einen weiteren Ablass: darunter stellt man den Behälter samt Trichter auf, öffnet die Serviceklappe für die Kontrolle des Ölstands und betätigt ein Ventil. Dadurch wird etwas Benzin abgelassen, das Ganze sieht in etwa so aus, als würde das Flugzeug Pipi machen.

Wir werfen einen fachkundigen Blick auf die Reifen, dann wenden wir uns den Rudern zu. Sie müssen sich leicht hin- und her bewegen lassen. Ist man zu zweit, sollte man es tunlichst vermeiden, seine Finger in die dabei entstehenden Spalten zu stecken.

Möchte man wissen, wie viel Sprit im Tank ist, muss man wohl oder übel eine Leiter zur Hilfe nehmen!
Möchte man wissen, wie viel Sprit im Tank ist, muss man wohl oder übel eine Leiter zur Hilfe nehmen!

Der Fluglehrer macht mich auf eine kleine eckige Öffnung an der linken Tragfläche aufmerksam: ich solle einmal die Lippen dort dransetzen und einmal kräftig pusten, und danach saugen. Beim Pusten passiert nicht viel. Beim Saugen hingegen ertönt ein mir wohl bekanntes Geräusch: die Überziehwarnung! Dieser kleine mechanische Zaubertrick verblüfft mich: Bislang war ich immer davon ausgegangen, dass die Überziehwarnung ein modernes elektronisches Flugüberwachungssystem sei, bei dem ein kleiner Computer Geschwindigkeit und Winkel erfasst und dann ein kleiner Lautsprecher eben jenes Geräusch erzeugt. Im Vergleich zu einem Auto, bei dem ohne Elektronik überhaupt nichts mehr funktioniert, regiert in einem Kleinflugzeug noch die Mechanik. Selbst wenn der gesamte Strom ausfiele, könnte eine alte Cessna immer noch weiterfliegen.

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2 Gedanken zu „Schnupperflug mit der Cessna 152“

  1. Hallo Johannes.

    Nachdem ich 2017 Dein Buch gelesen habe habe ich mich dazu entschlossen die PPL A Ausbildung anzugreifen.
    Ich durchlief meine Ausbildung bei der Flugschule Jesenwang, mit 408 x 12 Metern ein guter Platz um fliegen zu lernen.
    Heute bin ich begeisterter Hobbypilot und habe die letzten Jahre zwischen 30 und 50 Stunden im Cockpit verbracht, viele tolle Plätze erfolgen und Erfahrungen gesammelt.
    Und natürlich unvergessliche Eindrücke und Erlebnisse.
    Vielen Dank für Deine Inspiration,

    Happy landings!

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