Hast Du das Zeug zum Piloten?

Du sitzt gerade vor Deinem PC und überlegst Dir, ob der Motorflug als Hobby für Dich in Frage kommt?

Ohne Dich zu kennen ist diese Frage natürlich nicht so ganz einfach zu beantworten, aber ich kann Dir ein bisschen was dazu erzählen.

Wenn Du den Pilotenschein machst, betrittst Du eine vollkommen neue Welt. Ja, gut, Fußgänger und Piloten leben immer noch auf dem gleichen Planeten, aber irgendwie … eben doch nicht.

Schau Dir den direkten Vergleich an. Beginnen wir mit einem Bild von einem schönen Frühlingstag. Die Perspektive kommt Dir sicher bekannt vor.

Die Fußgängersicht
Ein Frühlingstag aus der Perspektive eins Fußgänger. Nett, aber auch recht unspektakulär.

Zum Vergleich: die Perspektive aus dem Cockpit eines kleinen Flugzeugs:

Die Welt aus Pilotensicht
Als Pilot siehst Du die Welt aus dieser spektakulären Perspektive!

Und nun stell Dir vor, die Nase Deines Flugzeugs in jede beliebige Richtung drehen zu können! Stell Dir vor, die Höhe selbst bestimmen zu können!

Vielleicht sähe die Perspektive dann wenige Minuten später so aus:

Über den Wolken
Als Freizeitpilot mit den Wolken spielen

Lassen solche Bilder Dein Herz ein wenig höher schlagen?

Reizt Dich der Gedanke, auf eigene Faust die Welt von oben zu entdecken?

Dann bist Du auf der richtigen Fährte.

Ach ja, wo ich dauernd von Fußgängern spreche: Als „Fußgänger“ bezeichnen Flieger Euch Nicht-Piloten (auch die, die Auto fahren). Man könnte auch „Muggles“ sagen, aber dann müssten wir Kate Rowling Tantiemen zahlen, und wir geben unser Geld viel lieber für Flugstunden aus.

Womit wir beim Thema Geld wären

Motorflug ist nicht unbedingt ein billiges Hobby. Genau betrachtet ist es allerdings nicht unbedingt teurer, als wenn Du als Fußball-Fan zu jedem Auswärtsspiel Deiner Mannschaft fährst und regelmäßig den Fan-Shop plünderst.

Ganz grob: während der Flugausbildung solltest Du etwa 500€ im Monat für Dein Hobby ausgeben können – genaueres erfährst Du in meinem Artikel „Was kostet der Pilotenschein?„.

Später bist Du mit rund 100€ pro Flugstunde dabei. Die Kosten hängen also direkt davon ab, wieviel Du fliegst. Wenn Du statt mit dem Auto oder der Bahn mit dem Flugzeug in den Urlaub fliegst, sparst Du natürlich entsprechend.

Aber Geld ist natürlich nicht alles.

Eine gewisse Begeisterung für (antike) Technik ist sehr hilfreich. Ein Flugzeug ist nun einmal ein technisches Gerät. Je besser Du es kennst, umso besser und vor allem sicherer bist Du unterwegs. Ich hatte zwar auch einen Fluglehrer, der das Motto hatte „Technik interessiert mich nicht.“ Aber meiner Ansicht nach bist Du dann mit einem Hobby wie dem Golfspielen viel besser aufgehoben.

Ok, wir hatten Geld, wir hatten Technik, was kommt noch?

Gesundheit, natürlich!

Wenn Du Privatpilot werden möchtest, brauchst Du vom Fliegerarzt ein Flugtauglichkeitszeugnis, ein sogenanntes Medical der Klasse 2. Darin wird bescheinigt, dass Du gesund und flugtauglich bist. Gesund bedeutet hierbei nicht „Fit wie ein Turnschuh“, sondern  eher, dass es keine Anzeichen gibt, dass Du im Cockpit plötzlich tot umkippst.

Können alte Knacker Fliegen lernen?

Solange sie einigermaßen gesund sind und ein Medical haben – klar doch!

Ich habe schon siebzigjährige Omas gesehen, die noch ihren Pilotenschein gemacht haben. Und achtzigjährige Opas, die im Segelflug Weltrekorde aufstellen!

Natürlich ist es immer besser, in jungen Jahren seinen Pilotenschein zu machen. Vor allem natürlich deswegen, weil Du dann viel mehr Lebenszeit in der Luft verbringen kannst. Aber auch wenn Du schon in Rente gegangen bist, ist das noch lange kein Grund, sich von dem großen Traum zu verabschieden. Das Fliegen-lernen dauert dann halt ein wenig länger, und das Flugzeug sollte vielleicht ein wenig bequemer sein als eine Cessna 152.

Du hast zwei Arme und/oder zwei Beine?

Gratuliere! Das sind die best Vorraussetzungen, um das Fliegen zu lernen. Auch wenn Du nur über zwei Arme verfügst, kannst auch Du dank spezieller Beinschienen ein Flugzeug steuern.

Und ohne Arme, sondern nur mit zwei Beinen?

Es ist kaum zu glauben, aber sogar das ist möglich: Die 1983 geborene Amerikanerin Jessica Cox beweist, dass man ein Flugzeug auch mit dem großen Zeh steuern kann. Wobei sie mit Ihren Zehen unheimliches Geschick beweist!

Hut ab vor einer großartigen Frau, die sich durch nichts unterkriegen lässt!

Ok, Arme und Beine hast Du – was aber sollte sonst in Ordnung sein?

Das Herz. Ein Herz ist eine wichtige Sache, denn wenn es versagt…aber das weißt Du selbst. Noch blöder ist, wenn es versagt, wenn Du im Flugzeug sitzt. Und wenn dann noch Passagiere an Bord sind…nicht auszudenken. Deswegen wird beim Medical – der fliegerärztlichen Tauglichkeitsprüfung – ein kurzes EKG gemacht. Epilepsie ist auch ein K.O.-Kriterium – genau wie alles andere, bei dem Gefahr läuft, dass Du plötzlich das Bewusstsein verlieren könntest.

Solange Du sonst ein normaler Typ (oder eine normale Tussi) bist, hast Du als Privatpilot vom Fliegerarzt nichts zu befürchten. Selbst wenn Du eine dicke Brille hast oder Farbenblind bist, ist das noch lange kein Hinderungsgrund. Nur Gehörlosigkeit ist ein bisschen ungünstig, wegen des Sprechfunks.

Du hast Flugangst?

Mal ehrlich: Ich habe auch immer ein wenig Bammel, wenn ich mich mit 300 fremden Leuten in eine enge Aluminiumröhre steigen soll, um von einem mir völlig unbekannten Piloten nach Mallorca oder sonstwo hin geflogen zu werden.

Das Fliegen zu erlernen kann eine gute Möglichkeit sein, mit Flugangst umzugehen. Schließlich lernst Du alles übers Fliegen und weißt dann auch, dass ein Flugzeug eben nicht einfach so vom Himmel fällt – sogar wenn der Motor ein mal ausfallen sollte. Und sollte wie in „Otto – der Film“ ein Bankräuber beide Piloten erschlagen – nun, als Privatpilot kriegst Du im Notfall auch einen ausgewachsenen Jumbo-Jet halbwegs sicher zurück auf die Erde!

Eine Seefahrt, die ist lustig zum kotzen

Dir wird auf einem Schiff schon beim kleinsten Wellengang übel und hast auf Urlaubsfahrten den Fond von Papas Audi vollgekotzt? Die Sammlung Deiner Medikamente gegen Seekrankheit reicht, um ein kleines Krankenhaus zu versorgen?

Ich würde Dir gern sagen, dass Fliegen all Deine Beschwerden kuriert. Ich fürchte aber, dem ist nicht so. Ein kleines Flugzeug liegt nur höchst selten ruhig in der Luft – meist wackelt es ganz furchtbar! Und rüttelt und schüttelt und lärmt und vibriert von allen Seiten.

Ein guter Freund wollte gerne fliegen lernen, aber nach einer halben Stunde in einer Cessna 150 wurde er grün im Gesicht. Da er ein kluger Mann ist, hat er seine Freizeitaktivitäten auf den ballistischen Flug verlegt: Großkaliberschießen!

Eine andere Freundin hat sich von Ihrem empfindlichen Magen nicht von der Fliegerei abhalten lassen: mit Medikamenten gestopft hat sie sich tapfer bis zur Alleinflugreife durchgekämpft – bis ihr das Risiko zu groß wurde.

Luftkrankheit ist anders als Seekrankheit. Am besten ist, Du machst an Deiner örtlichen Flugschule einen ausführlichen Schnupperflug. Eine Stunde solltest Du dabei schon in der Luft sein.

Wenn Dir dann dabei schlecht wird und die Fliegerei wirklich nichts für Dich ist – dann hast Du es wenigstens probiert.

Fliegen – ein Hobby für Leseratten?

Ein Ausschnitt meines Buchregals ;-)

Ich weiß nicht, wie es Dir geht, aber wenn ich mich mit einem neuen Thema befasse, dann brauch ich Bücher.

Die Fliegerei ist ein Thema, über das es unheimlich viel zu lesen gibt. Über die Flugzeuge. Über die Navigation. Über das Wetter.

Die meisten Bücher sind Sachbücher:  Winfried Kasssera bietet beispielsweise in seinen Standardwerken eine umfassende Einführung in alle wichtigen Themenbereiche der Fliegerei: Technik, Wetter, Navigation, menschliche Faktoren.

„Stick and Rudder“ ist ebenfalls sehr zu empfehlen. Es ist zwar uralt, erklärt aber die Grundlagen sehr schön.

Aber der Mensch lebt nicht nur vom Brot allein. Selbst als Leseratte möchte man nicht nur Sachbücher lesen, sondern vielleicht auch etwas Persönliches.

Weekend-Pilot

Eigentlich müsste ich ein Fan von Antoine Saint-Exupéry sein.

Bin ich aber nicht. Der Typ mag Pilot gewesen sein, hat aber vom Fliegen eher wenig geschrieben – obwohl es damals unheimlich viel zu erzählen gegeben haben muss! Das Buch Nachtflug war eine absolute Enttäuschung, weil es sich eigentlich alles nur um seine Gedankenwelt kreist, während er im Cockpit saß.

Mein Lieblingsbuch über das Fliegen ist „Week-end Pilot“ von Frank Kingston Smith. „Week-End“ Pilot ist kein Sachbuch, sondern eine Erzählung. Es wurde in den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts verfasst und handelt von einem Rechtsanwalt aus Philadelphia, der in einer Cessna 140 das Fliegen lernt. Es war damals ein Bestseller, heute ist es leider nur noch antiquarisch erhältlich. „Week-end Pilot“ ist mit einer großen Liebe zum Detail geschrieben und beschreibt nicht nur die Auseinandersetzungen mit der Technik, sondern auch die zwischenmenschlichen Beziehungen. Zum Beispiel der Konflikt mit der Ehefrau, die statt eines gebrauchten Flugzeugs lieber einen neuen Lincoln in der Garage gesehen hätte. Oder einen Nerzmantel.

Als ich meinen Pilotenschein gemacht habe, hatte ich gehofft, ein Buch zu finden, das mir eine ähnlich persönliche Einführung in die private Fliegerei bietet.

Leider wurde ich nicht fündig. Also griff ich selbst in die Tasten. Und schrieb. Und schrieb. Und schrieb.

Das Ergebnis ist das Buch „Alpha Flying India“ – und natürlich dieser Blog.

Du siehst: die Fliegerei ist nicht nur etwas für Menschen, die gerne lesen.

Sondern auch für solche, die gerne schreiben.

Ich finde: Wenn es ein Leben gibt, in dem Du Fliegen kannst – dann solltest Du es tun!

Mögest Du Abenteuer erleben und sie zu schätzen wissen,
Johannes Vorwerk

Alpha Flying India Cover

Alpha Flying India

Wie ein Web-Designer das Fliegen lernt
und als Freizeitpilot die ultimative Freiheit
über den Wolken entdeckt!


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4 Gedanken zu „Hast Du das Zeug zum Piloten?“

  1. Hallo Johannes Vorwerk,
    schön deinen Blog gefunden zu haben!
    Ja – ich sitze vor meinem IPad, lese deinen Blog, denn ich habe vor Fliegen zu lernen. Du schreibst gut und kurzweilig – gefällt mir.
    Ich war mir nicht sicher den „großen“ oder den „kleinen“ Schein zu machen, doch nach der Lektüre deiner Seiten habe ich mich für den „großen“ entschieden. Morgen habe ich einen Schnupperflug in einem Verein.
    … und bin aufgeregt :o)
    Alles Gute weiterhin!
    Gruß
    Rainer Ott

    Antworten
    • Hallo Rainer,

      vielen Dank für Deine Nachricht, ich habe mich sehr gefreut :-)

      Ich hoffe, Du hast viel Spaß bei Deinem Schnupperflug. Ich beneide Dich ein wenig – weil ein wunderbares Abenteuer noch vor Dir liegt!

      Liebe Grüße,

      Johannes Vorwerk

      Antworten
  2. Hallihallo,

    ich habe „Alpha Flying India“ gelesen und bin zum bald 10jährigen Jubiläum meiner FSX-Simulatorkarriere nun mehr als angefixt, auch einen echten PPL(A) in naher Zukunft zu machen.
    Das Zeug dazu zu haben, ist die eine Sache, die Bürokratie stellt aber auch Hürden auf – es gibt eine Frage, die das ganze Internet irgendwie nicht beantworten kann: Was gilt als Ausschlusskriterium bzgl. der Punkte in Flensburg? Ich möchte ungern bei einer Flugschule fragen und dann schlimmstenfalls bei den Leuten gleich „unten durch“ sein.
    Bist du bei deiner Recherche zufällig über eine Info dazu gestolpert? Eine „Jugendsünde“ hat mir zwei Punkte eingebrockt – die verfliegen zwar nächstes Jahr, aber muss ich echt noch so lange warten?!

    Beste Grüße

    Antworten
    • Hallo Ludwig,

      Es freut mich sehr, dass du mein Buch gelesen hast :-)

      Echter PPL, das rockt, dagegen ist FSX echt fad, bekommt aber zumindest einen Sinn, denn dann „spielst“ Du nicht mehr, sondern trainierst für den PPL!

      Bei den Punkten ist die Frage, ob es sich um „alte“ oder „neue“ Punkte handelt. Das System wurde ja vor einiger Zeit reformiert, aus 3 Punkten wurde einer. Damals war es so, dass 3 Punkte in Flensburg einer zuviel war – und heute dürfte es so sein, dass einer von den „neuen“ Punkten einer zuviel sein dürfte. Bei einem Bekannten von mir ist es auch genau daran gescheitert.

      Ich würde trotzdem einmal mit einer Flugschule sprechen, die können Dir genaueres sagen, und vielleicht kannst du auch schon zumindest mit dem theoretischen Teil anfangen.

      LG,

      Johannes

      Antworten

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